Lukas, Ghana, 2023, weltwärts

Land und Leute

“Spintex, Spintex, Spintex!” ruft jemand aus einem fahrenden Trotro. Eine kleine Geste von mir und schon hält der Wagen an und der Mate öffnet die Tür für mich. Ich befinde mich nun in einem umgebauten Kleinwagen mit meist 4 Sitzreihen, wobei eine Seite mit klappbaren Sitzen versehen ist. Ich suche mir einen Platz und setze mich hin.

Erlebe Fahrten mit dem Trotro in Ghana in deinem Freiwilligendienst mit AFS.

Die Reaktionen variieren, meistens interessiert es niemanden, aber ab und zu trifft man auf neugierige Personen, die fragen, was ein Obroni (weiße Person) im Trotro macht. In jedem Fall tendiert es zu einer positiven Konversation. Während man durch die Straßen Accras läuft, setzt sich dies meist fort, besonders in der Nachbarschaft, bzw. auf dem Weg zur Arbeit/nach Hause. Dort trifft man immer wieder auf Bekannte. Dadurch weiß man auch immer, wo man etwas kaufen kann, sei es von Batterien bis hin zu Tomaten bis hin zur besten Avocado auf dem Planeten. Fängt man dann auch noch an ein paar Sätze auf Twi zu sprechen, kriegt man es oft sogar noch günstiger als die meisten anderen.

Es ist sehr leicht Menschen besser kennenzulernen und viele sind neugierig herauszufinden, was einen nach Ghana verschlagen hat. Für mich persönlich war es die, jedenfalls in meiner Region in Deutschland, wenig bekannte diverse Kultur bis hin zum fantastischen Essen. Wer mit diesen Erwartungen nach Ghana kommt, der dürfte auf gar keinen Fall enttäuscht werden. Am Anfang mag alles noch unbekannt und unvertraut wirken, aber im Regelfall lassen sich immer Personen finden, die einem helfen und so konnte ich am Ende, wie am Anfang erwähnt, selbstbewusst durch Accras Straßen navigieren.

An Wochenenden habe ich dann oft etwas mit meiner Familie oder den anderen Freiwilligen unternommen, da ich mit Gleichaltrigen eher wenig in Kontakt kam. Dies hat zum einen den Grund, dass viele (so z.B. auch mein Gastbruder Peter) ständig Zeit mit Arbeiten oder in einem Internat verbringen. Das richtige unabhängige Leben beginnt in vielen Familien daher erst, wenn man ausgelernt hat und auszieht. Ein paar Gleichaltrige konnte ich trotz dessen kennenlernen, da ich ein paar Mal den Badminton-Club der Achimota-School besuchte. Dieser war nämlich auch offen für Menschen außerhalb der Schule und somit gelang mir ein Einblick in eine Boarding School. Leider kam es hierbei aber mehr zu flüchtigen Freundschaften, aus denen nicht wirklich etwas wurde. Eine weitere Methode wäre es gewesen Gleichaltrige durch die Kirche kennenzulernen, jedoch wäre dies mit einem höheren Zeitinvestment in die Kirche in Hand gegangen, weswegen ich mich dagegen entschied. In Sachen kultureller Unterschiede/Gemeinsamkeiten, lässt sich vieles nennen. Grundsätzlich würde ich jedoch sagen, dass in Bezug auf Religion, dies in Ghana um einiges strikter genommen wird. Insbesondere bei meiner Familie schien es, als hätte die Bibel immer das letzte Wort. Viel diskutieren ließ sich da auch nicht, außer es ging um die Politik. Da würde ich sagen sind Ghana und Deutschland ziemlich ähnlich. Über Politiker*innen klagen mag da auch jeder und so ergeben sich aus meiner Erfahrung auch ab und zu sehr hitzige, aber unterhaltsame Taxifahrten. Wenn es jedoch dann ums Zeitgefühl geht, handelt es sich meist um die sogenannte “Ghana Time”. Dabei ist es natürlich so bei festen Zeiten (etwa wann die Arbeit anfängt, etc.), da wird Pünktlichkeit erwartet, jedoch bei so etwas wie Besuchen oder wann die Kirche endet, kann es schon mal um so ein bis zwei Stunden schwanken.

Arbeitsplatz

Aufgrund einer ungewöhnlichen Situation, hatte ich die Möglichkeit zwei verschiedene Arbeitsplätze kennenzulernen. Meine ersten vier Monate verbrachte ich als Sportlehrerassistenz bei

Alsyd Academy. Dort halfen Pascal (ein anderer AFS-Freiwilliger) und ich dem dortigen Sportlehrer, den Sportunterricht umzusetzen. Dabei war der Unterricht in Jahrgänge (im Falle von Sport) unterteilt, sodass die Anzahl der Schüler:innen von 20 bis 60 schwankte, weswegen wir zu dritt auch eine angemessene Anzahl an Lehrern waren. Im Vorfeld wurden wir über die Regeln der Schule von der Direktorin aufgeklärt und in Konversationen mit anderen Arbeitskolleg:innen erfuhren wir viel über den Unterricht der Schule. Die Klassen waren aufgeteilt nach Nursery, Reception, KG (Kindergarten) und dann Year 1 bis 9. Erwartet wurde, dass wir ab 7 bis 7:30 Uhr bei der Schule sind und bis 16:30 Uhr bleiben. Unsere Zeiten wurden auch digital per Fingerabdrucksensor im Sekretariat festgehalten. Was nach einer langen Zeit klingt, war es am Ende jedoch nicht. Wir hatten reichlich Pausen, es gab regelmäßig einen Tag in der Woche, wo wir nur eine Unterrichtsstunde hatten, den Rest der Zeit konnten wir dann verbringen, wie wir wollten. Das sah dann so aus, dass wir andere Unterrichtsstunden besuchten oder zum Beispiel bei einem Club regelmäßig mittwochs teilnahmen. Außerdem blieb damit auch reichlich Zeit für die Unterrichtsvorbereitung.Unterstütze beim sportunterricht in deinem Frieiwlligendienst in Ghana mit AFS.

Es gibt natürlich ein Curriculum, welches die Thematik festlegte, wie dies jedoch umgesetzt wurde, war uns überlassen. Dies führte dazu, dass der Sportunterricht vom klassischen Rundenlaufen bis hin zu den Spielen: “Fischer, Fischer, wie tief ist das Wasser” oder “Brennball” reichte. Im Laufe des Arbeitstages erhielten wir täglich kostenlos um 13:00 sehr große Portionen an Essen. Es war eine sehr tolle Zeit und insbesondere die Zusammenarbeit mit Pascal erlaubte unvergessliche Momente und langweilig wurde es nie, da es immer etwas zu tun gab. Zur Arbeit gings natürlich mit dem Trotro und am Anfang war dies eine Strecke die etwa 45min dauerte, dann ist jedoch meine Gastfamilie umgezogen und wir waren relativ nah an der Autobahn dran, sodass ich ohne Stau nur 20 Minuten brauchte.

Im neuen Jahr angekommen stand dann mein ursprünglich geplantes Projekt vor mir. Viele Arbeitskolleg:innen kannte ich ab dem Punkt schon, da ich ab und zu schon mal vorbeigeschaut und zum Beispiel an einem Workshop teilgenommen habe. Das Center for Sustainable Transformation ist eine Umwelt-NGO, welche unter FEE – Foundation for Environmental Education, eine internationale Non-Profit Umwelt-NGO, die Programme YRE – Young Reporters for the Environment, Eco-Schools und Eco-Campus ausführt. Dabei gibt es vier Vollzeitangestellte, einmal Rose, welche YRE koordiniert, Olivia, welche Eco-Schools und Eco-Campus koordiniert, Emmanuel, welcher hauptsächlich am Artikel schreiben war und Sponsoren und Kooperationen koordiniert, sowie Kevin, der Deputy General Manager.

Meine Arbeit fand hauptsächlich in Zusammenarbeit mit Rose und Olivia statt. Dabei nahm ich unter anderem an den von Olivia organisierten Schulbesuchen teil und übernahm das Filmen oder unterstützte anderweitig. In Absprache mit Rose arbeitete ich hauptsächlich an der Veröffentlichung von Videos auf TikTok und YouTube, welche von Szenen aus unserer Radioshow bis hin zu Spendenaufrufen reichten.

Nimm teil an Teammeetings in deinem freiwilligendienst mit AFS in Ghana.

Der Dreh- und Angelpunkt der ganzen Organisation war dabei die Bildung über die nachhaltigen Entwicklungsziele der UN, welche mir am Anfang auch nochmal alle erklärt wurden. Die Themen reichten dabei von Umweltproblemen, wie etwa der Plastikverschmutzung in Ghana bis hin zu Galamsey (illegaler Rohstoffabbau). Zusätzlich nahmen wir auch ab und zu an Clean-Ups Teil, eins zum Beispiel in Zusammenarbeit mit BuzStopBoys. Dabei befreiten wir zum Beispiel Straßenrinnen von Plastik, damit diese bei Regen die Umgebung vor Fluten bewahren. Diese Events habe ich immer besonders geschätzt, da ich dadurch noch einmal viele Menschen kennenlernen konnte, welche oft durch unglaubliche Selbstdisziplin und Motivation glänzten, die mir ansonsten nicht über den Weg gelaufen wären. Wenn jedoch kein Event oder Schulbesuch anstand, war die Arbeit im Büro sehr entspannt.

Entdecke die Streetfoodläden in Ghana in deinem Freiwilligendienst mit AFS.

Essen kaufte ich mir täglich eine Straße weiter, wo eine kleine Ansammlung von Streetfood Läden waren. Dies reichte von Waakye (Reis und Bohnen in bestimmten Blättern gekocht, mit Tomato Stew, Shito und bei Bedarf Gari, Spaghetti, Salat, Fisch oder Fleisch) bis hin zu Banku mit Erdnusssuppe. Auch hier hielten wir unseren Einsatz für die Umwelt ein und brachten wiederverwendbare Schalen mit, welche uns im Büro in der Küche zur Verfügung standen.

Waakye probieren in deinem Freiwilligendienst mit AFS in Ghana.

Bei der Arbeit sollte ich etwa um 9 bis 10 Uhr sein und dann bis 17:00 Uhr bleiben, was mir recht war, da mein Arbeitsweg nun um einiges länger war. Morgens brauchte ich etwa mit dem Trotro eine Stunde und zurück aufgrund des Verkehrs, konnte es schon mal 90min bis 2 Stunden dauern. Mit der Zeit gewöhnte ich mich jedoch relativ schnell daran und genoss die extra Zeit, die mir zur Verfügung stand, um Bücher zu lesen.

Gastfamilie/Unterkunft

Kaum zu Hause angekommen werde ich von Lucy, Prisca, Blossom und Peace, unseren 4 Hündinnen, erstmal willkommen geheißen. Tipsy, der älteste Hund, hält sich eher im Hintergrund. Im Verlauf des Jahres sind diese mir sehr ans Herz gewachsen. Lucy erreichte uns im Oktober 2023 als kleiner Welpe, gleiches gilt für Prisca ein Monat später. Blossom (von mir benannt) ist erst seit Mai 2024 Teil der Familie.

Hundewelpe Prisca in der Gastfamilie im Freiwilligendienst in Ghana mit AFS.

Da meine Gasteltern oft den ganzen Tag arbeiten und auch darüber hinaus, da sie selbstständig sind und meine Gastgeschwister entweder schon ausgezogen oder auch lange am Arbeiten sind, habe ich mich viel um die Hunde gekümmert. Die Anzahl der Menschen bei uns in der Familie hat das Jahr über immer ziemlich variiert. Am Anfang war Peter noch in der Boarding School und Vera, Christian und Paul am Studieren. Deswegen waren es meist nur David und ich, da meine Gasteltern, auch wenn sie mal zu Hause waren, schnell oben in ihrem Zimmer verschwunden sind. Umso mehr jedoch, schätzte ich unsere gemeinsame Zeit, falls sie mal beim Essen zubereiten dazustießen oder ich meine Gastmutter zu ihrer Schule begleitete.

Mit David war ich am Ende sehr gut befreundet und wir haben sehr viel Zeit miteinander verbracht. Besonders gerne sind wir immer am Wochenende gemeinsam abends zu China Mall gegangen und haben uns Kekse und einen Fruchtsaft gekauft und sind dann zurück gegangen und haben einen Film geschaut.

Hund Lucy in deiner Gastfamilie im Freiwilligendienst in Ghana mit AFS.

Im Laufe des Jahres kam Peter dann aus dem Internat zurück und ich habe mir mit ihm zusammen ein Zimmer geteilt. Viel unternommen haben wir jedoch nicht, da er auch viel am Arbeiten war. Insgesamt war meine Familie eine sehr wohlhabende und wir lebten in einem sehr großen Haus. Gleichzeitig musste dafür jedoch die mangelnde Zeit in Kauf genommen werden, denn selbst am Wochenende standen entweder Meetings oder die Kirche auf dem Plan. Da meine Gasteltern beide Pastoren sind, hieß dies nicht nur den normalen Ablauf mitmachen, sondern auch darüber hinaus, sodass so ein Sonntag mal schnell mit 6 bis 7 Stunden von der Kirche belegt ist.

Am Anfang habe ich hierbei noch teilgenommen und auch Weihnachten mit insgesamt 13 Stunden Kirche am Tag, war ich dabei. Kurz anmerken sollte man jedoch, dass dies einen Ausnahmefall darstellt, denn meine Gastfamilie ist Teil von Deeper Life Bible Church, welche überdurchschnittlich viel Zeit in die Kirche investieren. Dies variiert jedoch von Kirche zu Kirche und davon gibt es in Ghana alleine schon hunderte. Gleichzeitig ermöglichte mir dies jedoch viele interessante Personen und Sichtweisen mitzubekommen. Besonders stolz war ich, dass ich sonntags nach der Kirche eingeführt habe, dass wir zusammen Fufu essen, welches für mich immer ein absolutes Highlight war. Abends verbrachten wir eine Stunde dann auch beim Fellowship, um die Bibel zu lernen. Insgesamt fühlte ich mich dadurch sehr als Teil der Familie, da ich zu allen Familienaktivitäten eingeladen wurde und immer berücksichtigt wurde.

Hund Blossom in deiner Gastfamilie bei deinem Freiwilligendienst mit AFS in Ghana.

Durch meinen Anteil beim Kochen, Putzen und um die Hunde kümmern, fühlte ich mich auch so, als würde ich der Familie etwas zurückgeben und nützlich sein. Gerade dadurch fiel mir der Abschied umso schwerer, denn nach einer so langen Zeit, wo mein Alltag um die Familie herum auch strukturiert war, auf ungewisse Zeit
sich nicht wiederzusehen, ist schwer zu verarbeiten. Desto mehr freue ich mich meine Familie in Zukunft jedoch wieder zu besuchen und auf die regelmäßigen Anrufe.

Betreuung

AFS Ghana hat mich ständig begleitet in meinem Auslandsjahr. Angefangen mit dem On-Arrival Seminar bis hin zur Weihnachtsfeier, dem Mid-Stay oder die End of Stay Orientation. Unsere Ansprechpartner*innen waren stetig zu erreichen und zudem wurden uns auch noch Kontaktpersonen (Freiwillige aus Ghana) zugewiesen, die uns regelmäßig besuchten und auf WhatsApp immer erreichbar waren. Während meines Aufenthalts hat mir dies auch ein paar Mal geholfen, um die Perspektive meiner Gastfamilie besser zu verstehen.

Besonders jedoch hat mir das Mid-Stay Seminar gefallen, da wir dort in unserer Gruppe Urlaub in der Volta Region machten und sehr viel zusammen unternahmen und Erfahrungen teilen konnten. Bei Konflikten gab es Hilfe von allen Seiten, ob nun von Arbeitskolleg:innen, der Kontaktperson oder den Ansprechpartner:innen bei AFS Ghana. Oft sah dies so aus, dass man eine Weile telefonierte, dem Konflikt genau auf die Spur ging und die nächsten Schritte zusammen besprach. Dadurch fühlte ich mich sicher in meinen Aktionen und es führte immer zu einer Versöhnung.

On-Arrival-Seminar von AFS mit internationalen Freiwilligen in Ghana

 

Sprache und Kommunikation

In Ghana ist die offizielle Amtssprache Englisch, daher lief der alltägliche Kontakt in der Gastfamilie oder bei der Arbeit immer auf Englisch ab. Ein Akzent war dabei keine große Herausforderung. Von AFS Ghana wurde zudem ein wöchentlicher Sprachkurs angeboten, welchen wir am Anfang fleißig besuchten, jedoch hat sich dieser über die Zeit leider aufgelöst. Trotz dessen ist es möglich lokale Sprachen zu lernen, da jeder bereit ist einem dabei zu helfen. Man möge jedoch gewarnt sein, von den lokalen Sprachen gibt es genug. Empfohlen ist daher die meist gesprochene Sprache Akan Twi zu lernen und über das Jahr hinweg war ich am Ende auch in der Lage etwas auf Twi zu kaufen, zu sagen wie es mir geht, etc. Persönlich hat das Englisch jedoch bei mir am besten funktioniert, da meine Englisch-Kenntnisse von vornherein reichten und damit war es für mich am einfachsten damit zurecht zu kommen. Tatsächlich trifft man auch ab und zu auf Personen, die relativ gut Deutsch können, was immer für sehr interessante und lustige Konversationen sorgte. Grundsätzlich schafft man es jedoch auch mit nicht den besten Englisch-Kenntnissen in Ghana zurecht zu kommen, solange man es versucht und nicht schüchtern ist wird jeder Verständnis zeigen.

Globales Lernen und Entwicklungspolitik

Globales Lernen und Entwicklungspolitik war vor meiner Anreise immer ein etwas abstraktes Thema für mich. Durch mein Auslandsjahr gewann ich jedoch noch einmal eine komplett andere Perspektive und erkannte nun die Signifikanz in einem interkulturellen Austausch. Im Hinblick auf Entwicklungszusammenarbeit wird man in Ghana sehr viel finden, besonders in Bezug auf die nachhaltigen Entwicklungsziele der UN. Gleichzeitig jedoch trifft man auch auf sehr viele von irgendeiner NGO gebaute Schulen, Krankenhäuser oder gesponsorten Mülleimer, welche einmal gebaut und dann ohne weitere Unterstützung oder Pflege stehen gelassen wurden. Natürlich trifft dies nicht auf alle Kooperationen zu, jedoch traf dies aus meiner Erfahrung auf die Mehrheit zu, besonders je ländlicher es wurde.

Erlebe den ghanaischen Unabhängigkeitstag bei deinem Freiwilligendienst mit AFS.

Durch Geschichten wie diese und vielen Konversationen mit Personen vor Ort, wandelte sich für mich das Bild der Entwicklungszusammenarbeit. Der Fokus muss viel mehr auf die Menschen vor Ort gesetzt werden und ein Austausch ist nichts Einmaliges. Damit wirklich Wirkung entfaltet wird, sollte stetig Kontakt gehalten werden und über gegenseitige Vorstellungen kommuniziert werden. Dies lernte ich auch aus einer persönlichen Erfahrung in meiner Gastfamilie. Nach einem Konflikt kam es zu einem Kommunikationsstillstand und ich interpretierte die Aktionen meiner Gastfamilie komplett falsch. Glücklicherweise entschied meine Gastschwester am nächsten Tag auf mich zuzugehen und mir die Situationen aus der Sicht der Gastfamilie zu erklären und ich erkannte dann erst, wie meine Gastfamilie auch meine Aktionen wertete. Aufgrund unterschiedlicher Wertevorstellung und Gedankenweisen erkannte ich, dass meine Gastfamilie und ich gemeinsam aufs gleiche Ziel hinauswollten, jedoch über verschiedene Wege, welche ich am Anfang gar nicht erkannte.

Dieser konstante Austausch, auch bei Konflikten, zeigte mir, dass Globales Lernen bedeutet nicht aufzugeben und man konstant versuchen sollte sich gegenseitig zu verstehen. Natürlich zielt diese persönliche Erfahrung eher auf eine Einzelsituation ab, die sich nicht verallgemeinern lässt. Setzt man diese jedoch in Bezug auf die Entwicklungszusammenarbeit, erkennt man, dass Diversität wirklich bedeutet von seinen eigenen, nicht bewussten Vorurteilen loszulassen, was schwerer ist, als man denkt, aber gerade durch einen Austausch wie diesen erst möglich ist. Dadurch ist es für mich eindeutig, dass ich jedem, der sich für diese Erfahrung bereit fühlt, ein Auslandsjahr empfehlen kann. Dabei ist es aber wichtig zu wissen, dass Globales Lernen nicht nur während des Auslandsjahres stattfindet, sondern dass man es durch sein gesamtes Leben trägt. Oft scheint es, dass man sich während des Aufenthaltes auf einer Einbahnstraße befindet. Man selbst profitiert natürlich um einiges mehr von der Erfahrung, durch die enorme Menge an verschiedenen Perspektiven die man erlangt, im Vergleich zur einzelnen Person mit denen man im Land spricht. Aber über die Zeit lässt sich dieses Geschenk zurückgeben, durch das Teilen der eigenen Erfahrung und der Perspektiven der Menschen vor Ort. Dadurch lässt sich ein gesamtes Bild einer Gesellschaft verändern, besonders von Personen, die sonst nie über die eigenen Vorstellungen und Vorurteile hinausgedacht hätten.

In dem Sinne trage ich meine Erfahrungen weiter, dadurch dass ich so vielen Menschen wie möglich davon erzähle und stetig den Kontakt zu den Menschen vor Ort beibehalte.

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